Erfolgreicher Führen mit Delegation Levels: Von Top-Down zur Selbstorganisation. Ein Beispiel zur Re-Organisation in der Pflege (Krankenhaus)






Effizient delegieren zu können ist eine der Kernkompetenzen von Führungskräften. Denn wie delegiert wird, entscheidet mit darüber, wie gut das operative Geschäft läuft und ob Teams überhaupt „wagen“ innovativ zu denken.
Dabei geht es um weit mehr als die beiden Ausprägungen „Top-Down“ und „Laissez-faire“: Der agile Management-Vordenker Jurgen Appelo unterscheidet sieben Ausprägungen der Verantwortungsübertragung. Sein Modell bietet nicht nur eine klare Struktur für die Entscheidungsfindung, sondern erhöht auch die Autonomie der Teams deutlich. In diesem Artikel schauen wir uns das Modell der Delegation Levels anhand eines praktischen Beispiels aus dem Bereich „Pflege“ eines Krankenhauses an.


Was sind Delegation Levels?


Die sieben Delegation Levels reichen von vollständiger Kontrolle bis hin zu vollständiger Delegation. Diese Level helfen Führungskräften zu entscheiden, wie Entscheidungen in verschiedenen Situationen getroffen werden sollten, basierend auf dem Kontext und der Erfahrung der Teammitglieder.


  1. Tell: Die Führungskraft trifft die Entscheidung und informiert das Team.
  2. Sell: Die Führungskraft trifft die Entscheidung, versucht das Team jedoch von der Richtigkeit der Entscheidung zu überzeugen.
  3. Consult: Die Führungskraft holt aktiv Meinungen und Vorschläge ein, bevor sie eine Entscheidung trifft.
  4. Agree: Die Führungskraft und das Team treffen die Entscheidung gemeinsam, basierend auf Konsens.
  5. Advise: Die Führungskraft bietet Beratung, aber das Team trifft die Entscheidung.
  6. Inquire: Die Führungskraft lässt das Team entscheiden, muss jedoch informiert werden über die Entscheidung.
  7. Delegate: Die Führungskraft überlässt die Entscheidung vollständig dem Team.

 


Praktische Anwendung der Delegation Levels


Delegation Levels können auf zwei Arten verwendet werden:


  1. Für einzelne Themen, die heute (noch) von der Führungskraft entschieden werden, einigen sich Führungskraft und Team darauf, welches Delegation Level dieser Entscheidungsbereich in Zukunft idealerweise haben sollten. Beispiel: Bisher hat die Führungskraft alleine darüber entschieden, welche Mitarbeiter:innen neu eingestellt werden. In der Diskussion mit dem Team wird vereinbart, dass dies in Zukunft eine gemeinsame Entscheidung sein wird (Delegation Level 4, „Agree“).
  2. Re-Organisation eines Teilbereichs der Organisation mit dem Ziel, den Teams mehr Verantwortung zu geben. Davon handelt das folgende Beispiel.

 


Beispiel für eine Re-Organisation im Pflege-Bereich


Im Pflege-Bereich eines Krankenhauses sollen die Schichtpläne verbessern werden, um die Patientenversorgung zu optimieren und die Zufriedenheit im Team zu erhöhen. Die Re-Organisation könnte mit Hilfe der Delegation Levels wie folgt gestaltet werden:


  • Phase 1 – Consult (Level 3): Zunächst kontaktiert die Führungskraft die Pflege-Teams, um deren Meinungen und Vorschläge zu den aktuellen Schichtplänen und möglichen Verbesserungen zu sammeln. Dieser Schritt ist zentral, um alle Teammitglieder einzubeziehen und stellt sicher, dass deren Erfahrungen und Bedürfnisse berücksichtigt werden.
  • Phase 2 - Agree (Level 4): Auf Basis der gesammelten Rückmeldungen organisiert die Führungskraft Workshops, in denen gemeinsam mit den Teams neue Schichtpläne entwickelt werden. Hier wird der Konsens zwischen Management und Mitarbeitern angestrebt, um eine Lösung zu finden, die für alle Beteiligten akzeptabel ist.
  • Phase 3 - Advise (Level 5): Nachdem ein neuer Schichtplan entworfen wurde, berät die Führungskraft das Team bei der Implementierung, lässt aber die endgültige Entscheidung darüber, wie der Plan umgesetzt wird, beim Team. Je nach Erfahrung der Teams fällt dieser Schritt einfach oder benötigt (zunächst) Coaching durch die Führungskraft oder einen externen Coach.
  • Phase 4 - Inquire (Level 6): Einige Monate nach der Einführung des neuen Plans organisiert die Führungskraft ein Retrospective Meeting, um Feedback und Vorschläge für weitere Anpassungen einzusammeln. Während das Team die Entscheidung über eventuelle Anpassungen trifft, hat die Führungskraft die Aufgabe, Informationen beizusteuern, die für die Einhaltung der übergeordneten Ziele der Abteilung wichtig sind.
  • Phase 5 - Delegate (Level 7): Schließlich überträgt die Führungskraft die vollständige Verantwortung für die Schichtplanung an das Team, einschließlich der Entscheidungsbefugnis über Anpassungen basierend auf zukünftigen Bedürfnissen oder Herausforderungen. Die Führungskraft greift nur ein, wenn es unbedingt notwendig ist.

 


Fazit


Durch das schrittweise Durchlaufen der Delegation Levels können Führungskräfte ein Gleichgewicht zwischen Steuerung und Selbstorganisation finden, das den Teams genug Zeit lässt, in die Selbstorganisation hineinzufinden. Also kein „Jetzt seid ihr selbstorganisiert – und Tschüss!“, sondern eine sinnvolle Begleitung, bis die Führungskraft sich quasi überflüssig gemacht hat.








 
 
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